Die Panamericana verläuft, mit einer größeren Lücke am Isthmus von Darién, von Alaska bis Patagonien längs durch beide amerikanischen Kontinente. Sie durchquert dabei 14 bis 19 Staaten, je nachdem, welchen Verzweigungen man in Lateinamerika folgt, und passiert mehrere Klimazonen.
Die Idee einer zusammenhängenden, interkontinentalen Straße beider Amerikas entstand 1923, beschlossen wurde das Projekt 1936. Seither wurde fleißig gebaut, und bis auf jenes 90 Kilometer lange Urwaldareal am Isthmus von Darién ist die Panamericana inzwischen befahrbar.
Das heißt natürlich nicht, dass irgendjemand sie auf einer Motorradtour auch wirklich von Nord nach Süd durchfährt – dafür ist der Zustand der Straßen, die insgesamt eine Länge von fast 26.000 Kilometern erreichen, zu uneinheitlich. Manche Streckenteile lassen sich nur während der Trockenzeit befahren, andere sind das ganze Jahr über gefährlich. Zudem ist die Panamericana, besonders in Lateinamerika, keine einzige Straße, sondern ein ganzes System von Straßen, das sich mehrfach aufspaltet.
Touristen besuchen meist die Streckenabschnitte von Texas bis zum Panamakanal, den Inter-American-Highway. Dieser Teil ist vergleichsweise gut ausgebaut; es ist möglich, Mittelamerika in voller Länge zu durchfahren.
Für passionierte Motorradfahrer sind aber vor allem die US-amerikanischen Straßen empfehlenswert. Die gehören zwar offiziell gar nicht zur Panamericana, werden aber der Vollständigkeit halber mitgerechnet. Auf einer Fahrt durch den nordamerikanischen Kontinent fühlt man sich schnell an Easy-Rider-Zeiten erinnert: Endlose, leere Straßen und der glühende Horizont locken jedes Jahr tausende Biker und andere Abenteurer. Auch die berühmte „Route 66“ wird von der Panamericana gekreuzt.
Das Schließen der Urwald-Lücke zwischen dem Panamakanal und Nord-Kolumbien würde die Interkontinental-Straße vollenden. Doch der Fortschrittsmythos Panamericana scheint ein Relikt des letzten Jahrhunderts zu werden – heute verbinden viele Menschen mit der schier unendlichen Straße konkrete Ängste: Viele warnen vor der Vernichtung von Lebensraum ansässiger Ureinwohner, einer Erleichterung des Drogenhandels zwischen Nord- und Südamerika und der Gefahr der Einführung von Tierseuchen aus dem Norden.
Die Panamericana ist mehr Mythos als Wirklichkeit. Die Symbolwirkung, die man sich vor 80 Jahren erhofft haben mag, konnte sich nicht verwirklichen – allenfalls der Drogenhandel blüht zwischen dem Süden und dem Norden des amerikanischen Kontinents.