Der Cañon de Colca, etwa 100 Kilometer nordwestlich von Arequipa, ist doppelt so tief wie der Grand Canyon und schon deshalb eine der atemberaubendsten Naturschönheiten Perus. Doch die Schlucht hat mit ihrer einzigartigen Tierwelt und Vegetation noch viel mehr zu bieten.
Eine Wanderung durch den Canyon dauert ein bis zwei Tage und beginnt meistens in der kleinen Stadt Chivay im Osten des Tals. Am einfachsten ist es, die Touren direkt im Hostel in Arequipa zu buchen und von dort aus mit dem Bus weiterzureisen.
Morgens um drei geht es los Richtung Cañon de Colca, wo zuerst gefrühstückt und dann das Städtchen Chivay besichtigt wird. Einheimische Kinder tanzen in Trachten, man kann sich mit Getränken, Postkarten und Souvenirs eindecken (die man anschließend viele Hundert Höhenmeter mitschleppen muss – also Finger weg von den Souvenirs!) und gegen eine „propina“ von ein paar Soles Fotos mit Lamas oder Raubvögeln machen. Von Chivay aus fährt man mit dem Bus weiter, vorbei an einer in der Zeit vor den Inka angelegte Terassenlandschaft, auf deren fruchtbarem Boden Grundnahrungsmittel wie Kartoffeln und Mais angebaut werden, bis am frühen Vormittag dann das eigentliche „Abenteuer Colca Canyon“ beginnt.
Der Cruz del Condor
Ein einzigartiger Anblick bietet sich am Mirador Cruz del Condor, wo man in der Morgensonne die majestätischen Kondore beim Flug bewundern kann. In den Legenden alter peruanischer Kulturen wird der Kondor als „Bote der Götter“ angesehen oder als Gott selbst, der die Gestalt des Raubvogels annimmt, um die Menschen zu besuchen. Ob Gott oder nicht, ist der Kondor mit einer Flügelspannweite von bis zu 3,20 Metern doch der größte aller Raubvögel und bietet einen erhabenen Anblick, wenn er von Aufwinden getragen über die breiten Schluchten gleitet oder sich ungeachtet der Touristengruppen nahe des Aussichtspunktes auf einem Felsen niederlässt.
Kondore zählen zu den bedrohten Arten, sodass man sich glücklich schätzen kann, wenn man am Cruz del Condor oder beim Abstieg in den Canyon den Anblick der seltenen Vögel genießen kann.
Der Abstieg in den Canyon
Hinter dem Aussichtspunkt Cruz del Condor beginnt der 900 Höhenmeter tiefe Abstieg. Geleitet von einem einheimischen Führer geht es in kleinen Gruppen auf sandigen und felsigen Pfaden abwärts in die Schlucht, in der die einzigen Transportmittel die „mulos“, also Maultiere sind. Da es im Cayon keine Straßen mehr gibt, werden alle Waren zu Fuß oder mit Hilfe der tierischen Lastenträger transportiert.
Während der erste Abschnitt der Wanderung in der brennenden Morgensonne durch eine karge und raue Landschaft führt, ist das Tal eine grüne Oase mit seinem Río Colca, einer vielfältigen Vegetation, traditionell gekleideten Einheimischen, Dörfern mit kleinen Gehöften, Schulen, Kirchen und den sogenannten „Lodges“, in denen die Touristen übernachten. Nach dem etwa dreistündigen Abstieg bis zu einer Brücke, die bei dem Dorf Tapay über den Río Colca führt, können sich die Wanderern bei ein typisches Essen – beispielsweise Alpakafleisch – im Schatten erholen, bis der Pfad wieder ein Stück bergauf und dann einige Kilometer durch das Tal führt. In der Abenddämmerung, die in den Breitengraden früh einsetzt, erreicht man schließlich die „Lodge“, eine kleine Ansammlung von Lehmhütten mit Strohdächern und einem großen überdachten „Speisesaal“. Wer jetzt noch Energie hat, kann sich im Pool abkühlen, doch die meisten werden nach dem Abendessen im Kerzenschein – Elektrizität gibt es im Cañon nicht – todmüde in ihren Hütten ins Bett fallen.