Russland – wer würde da spontan an Tiger denken? Doch ist der Ferne Osten eine der vielfältigsten und artenreichsten Regionen des Landes und die Heimat der größten Raubkatze der Welt: des Amur-Tigers.
Ich möchte euch in eine Gegend entführen, die mir aufgrund ihrer Ursprünglichkeit und Schönheit sehr ans Herz gewachsen ist: der Ferne Osten Russlands, Reich der Bären, Tiger und Leoparden.
Ihr habt richtig gelesen, Tiger und Leoparden streifen durch das Land, in dem sich nördliche und südliche Flora und Fauna auf einzigartige Weise vereinen. Massiv bedroht werden die seltenen Tiere durch Wilderei und illegalen Holzeinschlag, aber es gibt auch Wege, ihr Reich im Einklang mit der Natur zu entdecken.
Der einfachste Weg, in den Fernen Osten Russlands zu gelangen, ist ein Flug von Moskau nach Wladiwostok, Hauptstadt der Region Primorje und Russlands Tor zum Pazifik. Ungleich spannender ist eine Reise mit der Transsibirischen Eisenbahn, die mindestens eine Woche dauert, aber wenn man mehr Zeit mitbringt, erlaubt auf zahlreichen Zwischenstopps, Russland zu erkunden.
Von Vladivostok aus führt die Reise mit dem Auto weiter in die Wildnis, beispielsweise nach Norden in die Gegend von Ussurijsk, wo der Amur-Tiger zwischen den Sichote-Alin-Bergen und dem Fluss Ussuri in einem Nationalpark Schutz findet. Das Betreten der sogenannten „Sapowedniks“, besonders strenger Schutzgebiete, ist Touristen in der Regel nicht gestattet, aber auch die Gegend um das Ussurijsk-Naturreservat ist eine Reise wert. Auch wenn es unwahrscheinlich ist, einem Tiger in freier Wildbahn zu begegnen, kann man doch ihre Spuren entdecken. Abdrücke ihrer Pranken im feuchten Lehm oder Kratzspuren an Bäumen können dem aufmerksamen Beobachter einiges über die Tiere verraten: War es ein Männchen oder Weibchen? Wie groß war der Tiger? Wann ist er vorbeigekommen? Aber nicht nur Tiger, auch Braun- und Kragenbären und verschiedene Arten Huftiere hinterlassen ihre Spuren auf den Wegen, an Bäumen oder an ihren Futterstellen im Wald. Hinzu kommen zahlreiche für die Gegend besondere Pflanzenarten, wie die Wildkiwi Actinidia oder die bedrohte Koreanische Kiefer, die für das Ökosystem der Region unverzichtbar ist. Ihre Nüsse sind essbar und sollten, wenn sich die Möglichkeit bietet, probiert werden.
Heimat der letzten Amur-Leoparden
Ein weiteres Ziel, das man in der Nähe von Wladiwostok ansteuern sollte, ist das Leopardenland an der Grenze zu China und Nordkorea. Nur noch etwa 35 dieser Tiere leben in freier Wildbahn, weshalb das oberste Gebot bei einem solchen Ausflug Respekt vor dem Leoparden und seinem Lebensraum ist. Hier bekommt man auch einen Eindruck von der landschaftlichen Vielfalt in Russlands Fernem Osten. Während das Tigerland in Primorje aus hügeligen, dichten und leuchtend grünen Wäldern besteht, bevorzugt der Amur-Leopard ein felsigeres Territorium. Sein Wald ist von felsigen Steinhängen geprägt, die ideal sind für den guten Kletterer, den Besuch von Menschen aber zu einem anstrengenden und aufregendem Unterfangen machen.
Einen Leoparden wird man selbst mit viel Glück nicht zu Gesicht bekommen, denn die Tiere sind nicht nur scheu, sondern auch selten. Aber allein zu wissen, dass man sich im Reich dieser faszinierenden Geschöpfe befindet, macht die Reise zu einem unvergesslichen Abenteuer.
Zum Abschluss noch einen praktischen Tipp: Wer kein Russisch kann, sollte sich unbedingt einen einheimischen Führer engagieren. Dieser sollte nicht nur für einen übersetzen können, sondern sich auch in der Gegend auskennen und einem viel über die hiesige Tier- und Pflanzenwelt erzählen können.
Und vergesst nicht: Amur-Tiger und –Leoparden sind vom Aussterben bedroht. Ihr betretet ihr Land und solltet auch nach ihren Regeln spielen. Betrachtet die Gegend als das was sie ist: ein komplexes und faszinierendes Ökosystem, das Reich einiger seltener Tier- und Pflanzenarten, in dem ihr nur Gäste seid.
Weiteres zu einer unvergesslichen Reise in Russlands Fernen Osten findet ihr hier.
Werbung